Ständig, über Monate hinweg, wurde ich mit der Frage konfrontiert, wieso ich Interesse an einem Urlaub - dem zweiwöchigen Sommerurlaub - in den Ländern des Südens Europas habe. Sprich, Ex-Jugoslawien, die Länder, die vor etwa 30 Jahren von Kriegsschrecken geprägt, zu neuen Republiken heranwuchsen und sich emanzipierten. Und es immer noch tun. Folge
Oisin Hoy, einem irischen Instagrammer, der sich seit (gefühlten) Monaten auf Reisen dort aufhält oder Frage
Jan Pöltner von 1000 Things To Do in Vienna/Austria, der seinen Sommerurlaub ebenso auf einem Roadtrip durch die südlichen Länder wagte.
Was du nicht beachten musst, wenn du die Reise nach Süd-Osteuropa antrittst
1. Dein Auto bewachen
Einen Satz, den ich auch nicht mehr hören konnte und der sich auf der Reise als Klischee herausstelle: Passt auf euer Auto auf! Egal, ob in Albanien, Serbien, Montenegro oder Bosnien und Herzegovina, das Auto war safe. Es war nicht Objekt der Begierde und nicht zum vermeintlichen Diebstahl freigegeben, weil eine österreichische Nummernplakette angebracht war. Um ehrlich zu sein, gerade in Montenegro, wo in Kotor am Meer die Parkplatzsituation sehr schwierig war, der Skoda Yeti auf einem nicht ausgewiesenen Parkplatz stand, waren viel heißere (und vor allem teurere, somit begehrenswertere) Schlitten unterwegs. Das Auto als Prestigeobjekt, ja, aber nicht von anderen. Klug ist es dennoch in eine gute Versicherung zu investieren, denn vor allem in Städten kommt es leicht zu kleineren Touchierungen mit anderen Fahrzeugen. In Albanien, wo wir in Shkodra übernachteten, sind viele Mopeds, Radfahrer und Fußgänger auf stark befahrenen Straßen unterwegs. Hier sind Vorsicht und vor allem ein waches Auge angebracht!
Die grüne Versicherungskarte ist in jedem Fall zu besorgen, denn sie ist auch an den Grenzen vorzuweisen. Ein internationaler Führerschein ist nicht notwendig.
2. Angst vor öffentlichen Verkehrsmittel haben
Außerdem muss es nicht immer das Auto sein. Auf der Reise begegnete ich Australiern, US-Amerikanern und Spaniern, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln von einem Land ins nächste fuhren. Natürlich ist mehr Zeit einzuplanen, da gerade das sehr gut ausgebaute Bussystem dennoch Lücken hat. Wartezeiten auf Busbahnhöfen oder Staus sind keine Seltenheit. Mit etwas mehr Zeit und weniger geplanten Zielen steht einer Reise mit Bus und Zug nichts im Wege. Die sehr auskunftsfreudigen BewohnerInnen geben auch sehr genau Bescheid, wann welches Verkehrsmittel wo wegfährt. Auch zwischen Reisenden werden Geheimtipps gerne abends im Hostel ausgetauscht. Im schlimmsten Fall übrigens, wenn weder Bus noch Bahn existieren, wirst du von deinem Gastgeber von Ort A nach B gebracht. Auch drei Stunden lang.
3. Stress machen beim Buchen von Hotels/Hostels oder ähnlichem
Vorab-Buchen erzeugt zusätzlich Stress. Eine zu geplante Reise durch den Balkan führt eher zum eiligen Durchfahren der einzelnen Länder, die alle eine spannende Geschichte und diverse Kulturen sowie damit zusammenhängend Religionen mit sich bringen.
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Frische Zutaten und mit Liebe gekocht © diekremserin on the go |
Zum Beispiel auf der Wanderung zwischen Valbona und Theth in Albanien, hätte ich gerne noch ein bis zwei Tage angehängt. Wieso? Es gibt so viele herrliche Wanderrouten, die im Tal von Valbona möglich sind. Dass die Tageswanderung dennoch eine große Errungenschaft ist, siehst du auch im Video der
Nomadasaurus. Mehr Zeit, um besser anzukommen und vor allem das herrliche Essen bei Arben, unserem Host, auszukosten. Alles kommt aus dem eigenen Garten, das Brot wird frisch gebacken und am Bach neben dem Haus kannst du dich im Sommer wunderbar abkühlen. Auch im kleinen Dorf Theth selbst ist ein längerer Aufenthalt empfehlenswert. Einerseits um die Wanderung, die zwischen sechs und acht Stunden dauern kann zu verarbeiten und andererseits um auch hier die Wanderrouten auszuforschen.
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Ausblicke im Nebel © diekremserin on the go |
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Hier wird draussen gekocht bei Arbens Familie © diekremserin on the go |
4. Kultur aktiv zu suchen, denn...
...sie kommt einfach zu dir. So wie in Shkodrä, Albanien, wo wir am Internationalen Tag der Fotografie ankamen, Lucien den Kurator des
Marubi Museums kennenlernten und über digitale Kunst und Medienkunst sprachen, über Fotografie und die Möglichkeit seines Museums internationaler Player zu sein.
Was für ein Ort!
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Marubi Museum am Internationalen Tag der Fotografie © diekremserin on the go |
5. Vorab über Geschichte Bescheid wissen
Geschichte überkommt dich ganz einfach, wenn du zum Beispiel nach Sarajevo kommst. Die Kriegswehen sind spürbar, fast greifbar. Du stehst an der Trennlinie zwischen Osten und Westen, die durch eine tatsächliche Grenze mitten in der Stadt zu besuchen ist. Dort, wo sich habsburgisch-anmutende Architektur von islamisch-geprägter Bauweise trennt, blüht das Leben. Ich stolpere von einer Geschichte in die nächste, treffe Menschen, die mir ihre Sichtweise erzählen und ich mache mir selbst ein Bild von den vielen Perspektiven. Danke an Adnan und Ajla, die mich in Sarajevo durch ihre Heimatstadt begleiten.
Ich war anfangs etwas eingeschüchtert, sehe aber nach und nach wie sich Diversität in den zusammenkommenden Kulturen erhalten hat, auch wenn es nach dem
Bosnienkrieg von 1992 bis 1995 schwieriger wurde und auch hier ein starker Nationalgedanke vorherrscht. Sichtbar gemacht wurde die Geschichte der im Kreuzfeuer stehenden Stadt durch die Rosen von Sarajevo, die an Straßen und Gebäuden angebracht sind, um von den Einschlägen der Granaten zu erzählen.
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Rosen von Sarajevo erzählen Geschichte beläufig © diekremserin on the go |
Im Tee- und Kaffeehaus
Čajdžinica Džirlo hingegen lerne ich über den Gastgeber Husein Kaffeezubereitungsarten kennen, von deren Existenz ich nicht wusste. Den Osmanischen Kaffee zeichnet eine intensive Süße aus, die von Zucker und Gewürzen kommt. Eher puddinghaft aufbereitet, schmeckt das Getränk wie eine herrliche Nachspeise. Trotz Lonely Planet Erwähnung ein absolutes Juwel, denn Husein nimmt sich Zeit über seine Stadt zu berichten, teilt Bücher und Magazine aus, spricht etwas Deutsch und kümmert sich um den perfekten Aufguss. Des Tees natürlich.
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In Ruhe genießen. © diekremserin on the go |
Tipps für GeschichtsliebhaberInnen
- Galerija 11/07/95: Ausstellung als Mahnmal und zur Erinnerung an die Besetzung Sarajevos sowie den Genozid an 8.000 Bosniaken in Srebrenica
- Tunnel Museum Sarajevo: Etwas außerhalb der Stadt nahe zum Flughafen befindet sich der Eingang zum Tunnel, der während der Besetzung Sarajevos als einziges (und stark umkämpftes) Schlupfloch für Nahrungsmittel und Flucht diente.
Sarajevo, Theth, Shkodra: Orte, an denen ich gedanklich durchatmen und Geschichte inhalieren konnte. Orte, die mich nachhaltig begeistern und die ich auf jeden Fall noch ein zweites Mal besuchen möchte. Ohne Pläne, ohne Angst und ohne Bedenken. Denn die Reise nach Süd-Osteuropa ist leichter als gedacht.
Safe trip!
Aussicht von einem Hügel in Sarajevo © diekremserin on the go |