Studiogespräch mit Reinhard Seiß
Architektur, Zersiedelung und die Frage "wie wir wohnen wollen"
© Martin Malescha |
Ich suche mir meine Wohnung gerne selbst aus. Neben dem Raumkonzept und des ästhetischen Aufbaus der Wohnung, lege ich Wert auf mein näheres Umfeld. Brauche ich ein Auto um einkaufen zu gehen? Wie lange ist der Anfahrtsweg in die Arbeit? Wer lebt neben mir? Möchte ich anonym sein oder von einer freundschaftlichen Nachbarschaft umgeben sein?
Anlässlich der Filmpräsentation "Häuser für Menschen. Humaner Wohnbau in Österreich" von Reinhard Seiß im Kino im Kesselhaus, beschäftige ich mich mit der impulsgebenden Frage "Wie wollen wir wohnen?" Das ORTE-Architekturnetzwerk veranstaltet am Freitag, 28. Februar einen umfassenden Impulstag, zeigt gemeinsam mit dem Raumplaner, Fachpublizist und Filmemacher Seiß in welche Richtung unser Lebensraum in Krems gehen kann. Es geht um das Wohlfühlen in unserer Umgebung, um die nachhaltige Nutzung von Räumen und um den Umgang von Bauland.
Vorab - und für alle, die zur Veranstaltung keine Tickets mehr ergattern konnten - empfehle ich das Studiogespräch beim ORF Kulturmontag vom 24. Juni 2013 anzusehen (Teil 1, Teil 2), das einen kurzen aber prägnanten Eindruck über die momentane Bau- und Stadtplanungspolitik gibt. Seiß erklärt den steuerlichen Anreiz für Städte Einkaufszentren an die Peripherie anzusiedeln, wo der Unterschied zwischen deutscher und österreichischer Raumplanung der Politik liegt:
"Die Landtage sind ein Best-Of-Bürgermeister ... Die Verantwortung liegt auf Länderebene ... Die politischen Aufgaben sollten ernst genommen werden"
Vorwiegend bespricht Seiß das bauliche Umfeld unser aller und wie wir (demokratisch) mitbestimmen müssten. Auf die Frage, ob denn das Schöne wieder in den Vordergrund rücken wird, antwortet Seiß: "Das ist alles eine Frage der Kultur. In einer Kultur, die eher auf Lebensgenuss, ein gewisses Niveau der Freizeitgestaltung wert legt, wird es anders sein mit Einkaufszentren wie in unserer Wegwerfkultur. Das ist nicht nur eine Frage der Struktur, der Ökonomie sondern unserer Identität"
Einladung zur Veranstaltung |
Qualitätsbewusstsein und Lebensbewusstsein müsste seiner Meinung nach wieder neu entstehen. Das trifft für mich auch auf das gemeinsame Zusammenleben in Mehrparteienhäusern zu. Im Film von Reinhard Seiß werden den Betrachtern vier "best practice" Beispiele vorgestellt, in denen die Wohnung als ganzheitlicher Lebensmittelpunkt aufgefasst wird. Wir stellen uns Fragen zu unserer Umgebung - in Krems die Landschaft und die Altbauten betreffend - und welche Möglichkeiten sich ergeben gemeinsam - nicht einsam - zu leben und v.a. zu altern.
Im Anschluss an den Film am Freitag, diskutiert Reinhard Seiß mit dem neuen Stadtbaudirektor Reinhard Weitzer und GEDESAG-Direktor Alfred Graf, die sich um politische, ökologische und Wohnbau-wirtschaftliche Fragen kümmern. Krems steht dabei im Mittelpunkt.
Ich finde es schön, dass wir uns weiter in die Richtung der gemeinsamen Nutzung von Räumen bewegen. Wir lernen einander kennen - völlig Fremde teilen sich ein Beet im Gemeinschaftsgarten - und lernen voneinander. Ein Prozess, der langsam zu greifen beginnt und der womöglich auch das ewige und viel beschworene Absterben der Kremser Innenstadt beseitigt. Ich freue mich auf einen anregenden Diskurs!
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