"Ich habe mein Leben immer so gelebt, dass ich auch zufrieden wäre, wenn es morgen vorbei wäre." Josef Zotter
Was mache ich an einem Sonntagnachmittag in Wien? Meine Jahreskarte im Kunsthistorischen Museum Wien läuft bald ab. Es ist nebelig. Und ich habe Lust mich vom großen Schlachtschiff der Kunst schlucken zu lassen, um inspiriert und hoch motiviert wieder raus zu gehen. Neben der ständigen Sammlung von Italien bis in die Niederlande, der Kunstkammer und dem Münzkabinett, begleiten Sonderausstellungen mit Zeitgenossen die historischen Räume. Leider war mir nicht bewusst, dass die Ausstellung Joseph Cornell am letzten Tag überfüllt ist. Sonderausstellungen neigen dazu besonders dann aus allen Nähten zu platzen. Erst wollte ich mich konzentrieren, mich hinter dem Besucher vor mir anstellen, die nächste Besucherin im Rücken zu haben und mich auf ein Tempo der anderen einzustellen.
Nein, dachte ich mir, das Museum ist heute nur für mich da.
Ich gebe die Geschwindigkeit vor. Und die ist langsam an einem Sonntag. Nun, ich höre mich für dich wohl etwas eigensinnig an, aber während ich an der Rückseite der Vitrinen von Joseph Cornell Besucher wie Werke von der "falschen" Seite betrachtete - die einen sah ich durch das Glas und die anderen (ergo die Kunstwerke) von der verkehrten Seite, nämlich von hinten - entschloss ich mich zu den Breughels und Rubens' zu gehen. Dort saß ich womöglich eine halbe Stunde einfach nur vor einem großformatigen Tafelbild und dachte. Oder besser: ich schaute.
Arnulf Rainer by Arnulf Rainer © diekremserin on the go |
Feiert das Leben!
Wunderbar, niemand ist hier in der Antikensammlung, wo ich mich suchend nach den Lebensmasken um, die zur Ausstellung "Feiert das Leben!" in Kooperation mit der Caritas der Erzdiözese Wien erstellt wurden. Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben erklärten sich bereit in Anlehnung an die antiken Totenmasken Lebensmasken von sich abnehmen zu lassen. Ein eindrucksvoll gestalteter Film direkt im Ausstellungsraum gibt jedem und jeder der zehn Personen circa eine Minute Zeit sich zum Thema Tod zu äußern. Ganz ungeschminkt wird ihnen da auch blaue, orange oder rosa Paste ins Gesicht geschmiert und ein Gipsabguss von der eingedickten Paste (ich weiß die Fachausdrücke dafür nicht) genommen. Barbara Coudenhove-Kalergi, Christiane Hörbiger, Karl Markovics, Robert Menasse, Cornelius Obonya, Arnulf Rainer, Barbara Stöckl, Michael Landau und Josef Zotter ließen Lebensmasken von sich herstellen und standen Rede und Antwort: Was bleibt von uns wenn wir gehen?
KünstlerInnen gestalten
Neben den zeitgenössischen Persönlichkeiten spielten Künstlerinnen und Künstler eine maßgebliche Rolle für die Gestaltung der Lebensmasken: Daniel Knorr, Erik van Lieshout, Teresa Margolles, Arnulf Rainer, Hans Schabus, Hubert Scheibl, Deborah Sengl, Daniel Spoerri, Kader Attia und Nives Widauer machten sich Gedanken zur Präsentation. Am spannendsten fand ich Nives Widauers Bearbeitung von Cornelius Obonyas Abguss, der inmitten der römischen Ansammlung von Köpfen als zeitgenössisches Objekt platziert wurde.
Witzig, dass ich durch die Antiken und die Ägyptische Sammlung mit einem ganz veränderten Blick ging. Ich war nicht auf der Suche nach einem bestimmten Objekt der Sammlung, ich sah mich ständig um: entdecke ich irgendwo eine Maske? Wie eine Rätselrallye, in der ich eine versteckte Botschaft finden sollte, um am Ende eine Lösung herauszufinden.
Wie stehe ich zum Tod? Die Lösung, die ich erhielt war ernüchternd und etwas deprimierend - passend zum Nebel - denn aus zehn Kommentaren zum Tod und zehn künstlerisch gestalteten Masken wurde ich nicht schlau. Zumindest nicht soweit um den Tod für mich bestimmen zu können. Du bist genauso damit konfrontiert wie ich. Ich halte es wie Josef Zotter. Wenn ich morgen sterbe, möchte ich nichts auf die lange Bank geschoben haben. Ich will zufrieden sterben. Live a happy life. Smile.
bis 3. April 2016
Antikensammlung
Kunsthistorisches Museum Wien
Hochparterre
Maria Theresien-Platz, 1010 Wien
Witzig, dass ich durch die Antiken und die Ägyptische Sammlung mit einem ganz veränderten Blick ging. Ich war nicht auf der Suche nach einem bestimmten Objekt der Sammlung, ich sah mich ständig um: entdecke ich irgendwo eine Maske? Wie eine Rätselrallye, in der ich eine versteckte Botschaft finden sollte, um am Ende eine Lösung herauszufinden.
Time flies | Nives Widauer – Lebensmaske von Cornelius Obonya © diekremserin on the go |
bis 3. April 2016
Antikensammlung
Kunsthistorisches Museum Wien
Hochparterre
Maria Theresien-Platz, 1010 Wien
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