wanderlust = n, [won-der-luhst], a strong innate desire to rove or travel about

18.08.2014

Kaffeehaus-Gespräche V

"Das ist Freiheit für mich!"

Mit Parkour-Running und Breakdance zum Lebensgefühl

Stell dir vor dein Körper wäre eine Spielfigur wie Mario oder Luigi und deine Stadt das Level kurz bevor du die Prinzessin aus den Fängen der biestigen Kreatur rettest. Deine Umgebung und du, ihr geht eine Symbiose ein, verbindet euch, seid aber auch eure stärksten Gegner.

© one2free

Soweit ich verstanden habe, bedeutet Parkour-Running soviel wie mit dem eigenen Körper Strecken von A nach B künstlerisch und mit sehr viel Körpereinsatz auf unterschiedliche Arten zu bewältigen. Das kann aussehen wie folgendes Video von einem der besten Free-Runnern aus London. 


Free-Runner und Breakdancer Arno Fürnsinn habe ich zu einem spannenden Gespräch im Stadtcafé Ulrich getroffen, wo er momentan seine photographischen Momentaufnahmen des Lebens ausstellt. Besonders der Werdegang des 22-Jährigen imponiert mir. "Ich bin schon früher als Kind überall hinaufgeklettert, bin auf Steinmauern balanciert und habe meine Umgebung als großen Spielplatz wahrgenommen." Arno, der sich nach seiner Tischlerlehre entschieden hat in die Selbstständigkeit zu wechseln, hat eine sehr gesunde Einstellung zum täglichen Leben: "Ich mache alles so lange wie ich es gerne mache. Ich weiß nicht, ob ich in fünf Jahren nicht wieder etwas anderes mache." In Krems, wo er zur Schule gegangen ist, seine Freunde leben und wo er sich einfach wohl fühlt, ist seine Homebase - der Platz, an den er zurückkehrt, wenn er vom vielen Reisen eine Ruheoase braucht. Aber er sieht Krems auch als Übungsplatz. Die Möglichkeiten sind beim Parkour-Running fast unendlich. Basisbewegungen und vor allem der richtige Umgang mit dem eigenen Körper stehen im Vordergrund. Das gibt Arno seit fast 2 Jahren an Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene mittels Workshops und Kursen weiter.

"Gerade bin ich von einem sehr intensiven und erfolgreichen Workshop hergekommen. Mir macht es Freude zu sehen, wie begeistert Kinder Bewegungen in der Stadt mit ihrem Körper ausüben - und wie schnell und furchtlos sie dies tun. Drei Stunden sind wir durch die Stadt gelaufen und uns ausgetobt. Die Stadt gibt so viel her!" Nach meiner Frage, wie seine Tätigkeit mit Beschwerden einhergeht, belächelt er milde. "Wie immer gibt es jene, die meckern und nicht verstehen, was ich mache. Aber wir randalieren nicht, machen nichts kaputt, sondern wir nehmen die Stadt als Spielplatz wahr! Im Stadtpark turnten wir am Denkmal, sind geklettert und hatten sehr viel Spaß dabei. Ein älterer Herr beobachtete uns die ganze Zeit mit einem sehr kritischen Blick. Als ich beim Weitergehen bei ihm vorbeiging - ich hatte schon das Gefühl, dass er sich negativ äußert - meinte der Herr nur kurz: "Endlich is des Denkmal für was guat." Damit hatte ich gar nicht gerechnet!"  



Neben dem Parkour-Running, das Arno zum Gefühl der absoluten Freiheit zählt, unterrichtet er auch Breakdance. Aber der körperlich Vielseitige nutzt die großartigen Blicke auf Krems aus ungewöhnlichen Höhen (meist von Dächern!) für künstlerische Aufnahmen mit seiner (Sport-)Kamera. "Open Portals" heißt die Ausstellung im Stadtcafé Ulrich, wo er zeigt, dass sich der Sichthorizont der Menschen erweitern müsste, um endlich auch die Seiten der Stadt und Umgebung zu sehen, die sonst bemängelt wird. Neben Arbeiten, die eindeutig den Lifestyle seiner Berufssparte widerspiegeln, setzt er ganz alltägliche Dinge - wie einen Kanaldeckel vorm Ulrich - in Szene. "Jedes Bild hat eine eigene Geschichte, dahinter stecken für mich viele Werte, die der Betrachter vielleicht gar nicht sehen kann oder soll." Während wir uns gemeinsam jedes Bild ansehen, erklärt mir Arno wie es zu den einzelnen Abbildungen kam und wie sehr sie mit ihm verbunden sind.

Das Video von seiner Kremser Gruppe one2free fasziniert nicht nur, sondern zeigt auch mit wie viel Akribie Arno seine Videos macht. Das Filmen zählt nämlich ebenso zu seinen Leidenschaften wie das Fotografieren.

© one2free

Wenn du also jemanden in der Stadt triffst, der über Mauern springt, Saltos macht und Statuen (ohne sie zu beschädigen) auch nutzt, bist du eindeutig Arno Fürnsinn über den Weg gelaufen. Im Stadtcafé Ulrich sind seine Fotografien zu sehen und du lernst Arno von einer ganz anderen Seite kennen.

In unserem Gespräch meinte ich in einem Nebensatz - nachdem ich zugestimmt habe, selbst einmal auszuprobieren wie ich mit Parkour-Running zurecht käme - dass ich wohl niemals einen Salto machen werde. Darauf antwortete Arno: "Das werden wir sehen. Du musst ja nicht gleich mit einem Rückwärtssalto beginnen..."


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