wanderlust = n, [won-der-luhst], a strong innate desire to rove or travel about

12.08.2014

Kunst ist Kunst

"(...) aber du brauchst deine Ellbogen, um durchzukommen."

Daniel Domaika in seinem Atelier in Stein


Wann ich Daniel Domaika das erste Mal getroffen habe, weiß ich nicht mehr. Im Laufe meiner Blogger-Tätigkeit liefen wir uns wohl in einem der Cafés über den Weg, wurden vorgestellt und blieben von dem Zeitpunkt an in Kontakt.
© diekremserin


"Ich bin so ein ungeduldiger Mensch.", meint Daniel und grinst mich an. In seinem herrlich spanisch-angehauchten Deutsch, erzählt mir der aus dem Baskenland stammende Wahlösterreicher von seinem künstlerischen Werdegang bis zur Eröffnung seines Atelier am Minoritenplatz in Stein. Neben seiner unglaublichen Motivation führte die Hibbeligkeit und Unrast wohl dazu, dass das Atelier früher als geplant schon im Juni aus dem Schutt zur Schönheit wurde. Nicht nur die Arbeiten von Daniel strahlen in den Rahmen von Thomas Gieses Afro-chic, sondern der Gewölberaum im Mezzanin eines Steiner Bürgerhauses glänzt wie neu. "Bis oben hin mit Müll ist dieser Raum gewesen. Ich habe alles händisch ausgeräumt, renoviert und hergerichtet... und alles ist aus Recycling-Gegenständen." Selbst während des Interviews sitzen wir auf alten Stühlen rund um eine riesengroße Spule, um die bestimmt einmal Schläuche gewickelt waren.

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Recycling, also Materialien, die andere wegwerfen und die Daniel als wertvolle Produkte sieht, durchzieht nicht nur sein Atelier und seine heutigen Arbeiten, sondern geht zurück in seine Kindheit. "Mein Opa und meine Oma sind meine größten Vorbilder. Sie haben mir gelernt, dass ich aus jedem Material etwas schaffen kann." Daniels Oma dürfte eine begnadete Schneiderin gewesen sein, sein Opa nicht nur Kunsttischler, sondern ein Tüftler und ein Erfinder. Jemand, den ich sofort mit dem Künstler in Bezug bringen kann. Gequält von der Unruhe zu lange untätig in einem Kurs Deutsch zu lernen, stellte sich der Künstler gemeinsam mit seiner Partnerin wöchentlich auf den Markt und verkaufte Veras Knödel und seine baskischen Süßspeisen. Heute, zwei Jahre und drei Monate später, braucht es keinen Deutschkurs mehr. Die eine oder andere grammatikalische Unsicherheit nimmt ihm dann auch niemand übel.
Auch vorm Studieren in La Rioja zog er den Hut und haute ab. "Sitzen und zuhören,... ich bin einfach zu ungeduldig dafür!" Bei Reisen durch Europa und durch afrikanische Staaten holte er sich Inspiration.

Vor dem Atelier, mitten am Minoritenplatz stellt Daniel, wann immer er vor Ort ist, seinen Rundspiegel hin, den er in einem alten Haus im Kamptal gefunden hat, denn "der Spiegel dürfte auf die Menschen wirken wie ein Lagerfeuer früher. Stundenlang stehen die Menschen drumherum und sprechen miteinander." Das Objekt, das ursprünglich aus Finnland nach Österreich kam, bringt die Leute zusammen, während die große bronzene Skulptur von Manfred Walkobinger eher auf Verwirrung stieße, meint der Künstler.

"Ich habe so viele Ideen für die Stadt, Lucia! Du weißt gar nicht, was mit PET-Flaschen alles zu machen wäre...", Daniel Domaika verweist dabei auf seine skulpturale Installation am Tomorrow Festival beim AKW Zwentendorf im Mai. Dort konnte er mit Hilfe von tausenden gesammelten PET-Flaschen Sitzplätze für die Festivalbesucher schaffen, die sogar von innen beleuchtet wurden. "Weltoffen bin ich ja, aber nicht politisch. Ich will Nachhaltigkeit fördern und ökologisch arbeiten. Bevor ich her kam, hatte ich ein bestimmtes Bild von Österreich, als gesundes Land ohne Müll. Leider sehe ich, dass dies nicht stimmt."

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Dass sich der Künstler, der momentan seine Zeichnungen Vogel trifft Wurm ausstellt, dann doch mit Politik intensiv auseinandersetzt, zeigt seine Serie für das Österreichische Wirtschaftsforum, in der er die schweren Zeiten der EU treffend karikiert.
Txirimiri ta gehiago dagegen heißt eine weitere Serie, an der Daniel Domaika stetig arbeitet: Nieselregen und mehr, lautet die Redensart ungefähr übersetzt vom Baskischen (wie passend, bei diesem Sommer!). "Schau genau hin! Du erkennst so viele kleine Zeichnungen in den großen, bunten Tropfen... Wenn du weiter weg gehst, siehst du ein realistisches Bild - ich bin ein großer Fan von Picasso und den Kubisten - und wenn du ganz nah an die Leinwand gehst, erkennst du viele verschiedene Szenen." Daniel geht vor und zurück, demonstriert, wie sich der Betrachter bewegen soll um alle Kleinigkeiten wahrnehmen zu können.

Als Torwart in der 3. spanischen Division feierte er Erfolge und Niederlagen. Als Künstler im niederösterreichischen Krems hat er viele Unterstützer. Aber wie er selbst meint: "Kunst ist Kunst, aber du brauchst deine Ellbogen, um durchzukommen." In Krems hat Daniel Domaika schon einiges bewirkt.

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